Entschädigung für 209-Opfer

Letzten November hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Österreich wegen der anhaltenden Vormerkung von Opfern der homophoben Sonderstrafgesetze verurteilt. Manche der Opfer dieser Sonderstrafgesetze können nun eine Entschädigugn erlangen.
Erst 1971 (in Frankreich bereits 1789) wurde in Österreich das Totalverbot homosexueller Kontakte (zwischen Männern und zwischen Frauen) aufgehoben. Und Österreich wollte damals nicht, wie andere Länder Europas (Frankreich bereits 1789) fortan homo- und heterosexuelle Kontakte zumindest im Strafrecht gleichbehandeln sondern hat die eine Strafbestimmung „Widernatürliche Unzucht“ durch vier neue ersetzt.
Es wurde eine Sonderaltersgrenze für schwule Beziehungen von 18 Jahren eingeführt (§ 209 Strafgesetzbuch) gegenüber 14 für Heterosexuelle und Lesben. Die schwule Prostitution wurde (anders als heterosexuelle und lesbische) unter Strafe gestellt (§ 210), ebenso wie das öffentliche Gutheißen von Homosexualität („Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts“ (§ 220) und die Gründung bzw. die Mitgliedschaft in LGB-Vereinigungen („Vereinigungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht“ (§ 221).
Nur teilweise Gnade
1989 fiel das Prostitutionsverbot, 1997 das Gutheißungs- und Vereinsverbot, und 2002 hat der Verfassungsgerichtshof auch das letzte der Sonderstrafgesetze, § 209, beseitigt.
Bereits nach diesen Sonderstrafgesetzen Verurteilte blieben allerdings im Strafregister. Erst nach massivem Drängen des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) hat Bundespräsident Fischer, auf Vorschlag der damaligen Justizministerin Gastinger, einen Teil dieser Verurteilten gnadenweise aus dem Strafregister gelöscht; aber eben nur einen Teil.
Die übrigen, die das Justizministgerium als nicht gnadenwürdig eingestuft hatte, obwohl sie ausschließlich auf Grund der homophoben Sonderstrafgesetze verurteilt worden waren, bleiben im Strafregister vorgemerkt. Menschenrechtswidrig, wie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof letzten November festgestellt hat (E.B. u.a. gegen Österreich 2013).
Strafregisteer führt zu Entschädigung
Auf Grund dieses Urteils können nun alle Opfer der homophoben Sonderstrafgesetze, deren Verurteilung noch im Strafregister aufscheint, die Aufhebung ihrer Urteile und in der Folge (Haft)Entschädigung erlangen.
Alle anderen Opfer müssen auf das Amnestie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz (AREG) hoffen, das die Grünen seit 10 Jahren immer wieder im Parlament eingebracht haben und das dort bislang keine Mehrheit gefunden hat …
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Dr. Helmut Graupner ist Rechtsanwalt in Wien, Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL), Co-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS) sowie Vice-President for Europe der International Lesbian and Gay Law Association (ILGLaw) und Co-Coordinator der European Commission on Sexual Orientation Law (ECSOL).