Eingetragene Partnerschaft: VfGH hebt Amtsräumezwang auf - Regierung führt ihn wieder ein

Rechtskomitee LAMBDA (RKL) sieht die Regierungskoalition blamiert
Der Verfassungsgerichtshof hat mit heute zugestelltem Erkenntnis (VfGH 19.06.2013, G 18, 19/2013) den gesetzlichen Zwang zur EP-Schließung in den Amtsräumen aufgehoben. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente Frauen und Männer, sieht die Regierungskoalition aus ÖVP und SPÖ schwer blamiert, die erst vor kurzem diese menschenrechts- und verfassungswidrige Bestimmung neu beschlossen hat.
RKL-Generalsekretär Walter Dietz und sein Partner Boontawee Suttasom leben in Wien und sind seit über 17 Jahren ein Paar. Manfred Hörmann und Felix Moser sind ebenfalls seit vielen Jahren ein Paar und führen gemeinsam eine Landwirtschaft in Stallhofen in der Steiermark. Beide Paare haben bei der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörde (MA 35 in Wien, BH Voitsberg in der Steiermark) die EP-Schließung in Form einer „Traumhochzeit“, wie sie Ehepaaren angeboten wird, beantragt, nämlich durch das Ja-Wort vor Trauzeugen am Wiener Riesenrad bzw. am eigenen Bauernhof.
Bei der EP hat der Gesetzgeber die Schließung außerhalb der Amtsräume (sogar bei kranken, bettlägrigen Personen) untersagt (einzige Ausnahme: Strafgefangene). Außerhalb, wie beispielweise am Riesenrad, in einem Schloss oder am Bauernhof, dürfen daher nur (nachträglich) die Urkunden übergeben werden. Auch ein Ja-Wort und Trauzeugen sollte es nicht geben. All diese Diskriminierungen waren Bedingung der ÖVP, damit sie überhaupt der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zugestimmt hat. Die Anträge der beiden Paare wurden abgelehnt und die Fälle landeten beim Verfassungsgerichtshof.
Dieser hat den Beschwerden letzten Dezember Recht gegeben und die gleiche Zeremonie für Ehe und EP angeordnet (VfGH 12.12.12, B 125/11, B 138/11). Bezüglich des gesetzlichen Zwangs zur EP-Schließung in den Amtsräumen hat er ein Gesetzeprüfugnsverfahren eingeleitet. Auch gleichgeschlechtliche Paare genießen den verfassungsgesetzlichen Schutz des Familienlebens und Unterschiede zwischen Ehe und EP sind nur aus besonders schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt, so der Verfassungsgerichtshof in der am Hochzeits-Traumdatum (12.12.12) gefällten Entscheidung.
Weltweit einzigartige Diskriminierung
Die 14 VerfassungsrichterInnen fanden weder für den Ausschluss des zeremoniellen Ja-Wortes und von Trauzeugen eine sachliche Rechtfertigung noch auch nur eine entsprechende Vorgabe im Gesetz. Sie ordneten daher an, dass die Personenstandsbehörden ab sofort bei EP-Schließungen die gleiche Zeremonie wie bei Eheschließungen anzuwenden haben (einschließlich Ja-Wort, dem Ausspruch, dass die PartnerInnen nunmehr rechtmäßig verbundene Ehe- bzw. eingetragene PartnerInnen sind und, wenn die Paare das wünschen, einschließlich von Trauzeugen). Auch für den Zwang zur EP-Schließung in den Amtsräumen fand der Verfassungsgerichtshof keinerlei sachliche Rechtfertigung. Auch sonst, so der Verfassungsgerichtshof, werden Behörden nicht verpflichtet, Amtshandlungen nur in den Amtsräumen zu verrichten. Weil dieser Zwang ausdrücklich im Gesetz angeordnet ist, hat der Gerichtshof ein Gesetzesaufhebungsverfahren eingeleitet.
Dieses Verfahren endete mit heute zugestellten Erkenntnis. Der Amtsräumezwang wurde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die Zeremonie hat für die Betroffenen Symbolwert, weshalb die Modalitäten der Ehe- und EP-Schließung nicht ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedlich geregelt werden dürfen, so die 14 VerfassungsrichterInnen (VfGH 19.06.2013, G 18, 19/2013).
Die Beschränkung auf die Amtsräume ist eine österreichische Spezialität. In keinem einzigen anderen Land dieser Welt gab es jemals eine solche Diskriminierung. Dessen ungeachtet hat die Regierungskoalition diese verfassungswidrige Bestimmung (mit dem Personenstandsgesetz 2013) erst letzten Dezember (!) wortident neu beschlossen (§ 25 Abs. 1 PStG 2013). Bis zum Inkrafttreten des Personenstadsgesetzes 2013 am 1. November 2013 werden daher auch eingetragene Partenrschaften, wie Ehen, außerhalb der Amtsräume geschlossen werden können. Ab 1. November ist damit wieder Schluß und tritt der Amtsräumezwang wieder in Kraft.
„Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs blamiert die Bundesregierung“, sagt der Präsident des RKL und Anwalt der vier Beschwerdeführer Dr. Helmut Graupner, „Die homosexuellen Paare müssen nun ein zweites Mal zum VfGH, um auch die neue Gesetzesbestimmung los zu werden“. "Eine unerträgliche Schikane", schließt Graupner.
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