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Drum prüfe wer sich ewig bindet

2013-06-01|22:36 · von Dr. Helmut Graupner

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„Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet. Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang“ heißt es in Schillers Gedicht „Das Lied von der Glocke“. Der allgemeine Sprachgebrauch machte daraus die Redensart "Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht doch was Bessres findet“. Diese Lebensweisheit gilt für die Ehe und für die EP. Das österreichische Gesetz läßt heiratswilligen Heterosexuellen jedoch weniger Zeit als verpartnerungswilligen Homosexuellen.

Zwar hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Jänner die Zeremonie für die EP-Begründung grundsätzlich jener für die Eheschließung angeglichen und uns auch das JA-Wort zugestanden, eine kleine Ungleichbehandlung hat er allerdings belassen.

Die Ehe wird bereits mit dem JA-Wort rechtsgültig begründet. Die Unterschrift der Verlobten und die Eintragung in das Ehebuch sind dafür nicht mehr notwendig. Die EP hingegen wird nicht bereits durch das JA-Wort sondern erst durch Unterschrift der PartnerInnen rechtsgültig begründet.

Der VfGH war erkennbar der Ansicht, dass es sich dabei nur um einen formalen Unterschied ohne praktische inhaltliche Bedeutung handelt. Er sei daher ebenso zulässig wie die Trennung in Standesamt (Ehe) und Bezirksverwaltungsbehörden (EP). Da jedoch irrten die VerfassungsrichterInnen.


Kleiner Unterscheid mit großen Folgen

Platzt beispielsweise, wie wir das aus diversen Filmen kennen, ein/e Verflossene/r in die Trauungszeremonie und schreit „Stop! Nimm mich!“, so kann es sich der/die gleichgeschlechtliche Geliebte auch nach gegebenem JA-Wort noch überlegen (bis zur Unterschriftsleistung), der/die (bereits gebundene) verschiedengeschlechtliche jedoch nicht mehr. Ein wenngleich seltener, so doch praktischer und hochbedeutsamer Unterschied, der im Fall der Fälle über Lebensschicksale entscheiden kann.

Und nicht nur ein/e Verflossene/r kann zwischen JA-Wort und Unterschriftsleistung noch einen Strich durch die Rechnung machen. Auch ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Unglücksfälle vermögen das. Während verschiedengeschlechtliche Paare bereits verheiratet sind, bleiben gleichgeschlechtliche (trotz des gegebenen JA-Worts) ledig. Mit gravierenden Konsequenzen: keine Witwen/Witwerpension, kein gesetzliches Erbrecht, kein Pflichtteilsanspruch, uU kein Eintrittsrecht in den Mietvertrag, in manchen Bundesländern kein Recht, das Begräbnis auszurichten etc. etc..

Aktuelles stets auf www.RKL ambda.at

Dr. Helmut Graupner ist Rechtsanwalt in Wien, Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL), Co-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS) sowie Vice-President for Europe der International Lesbian and Gay Law Association (ILGLaw) und Co-Coordinator der European Commission on Sexual Orientation Law (ECSOL).

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