Standesamtsverbot: Beschwerde beim Menschenrechtsgerichtshof eingebracht

Rechtskomitee LAMBDA: „Verfassungsgerichtshof hat eigene Judikatur ignoriert“
Der Verfassungsgerichtshof hat letzten Herbst den Ausschluss homosexueller Paare von den Standesämtern bestätigt. Ihre Verbannung auf die Bezirksverwaltungsbehörden liege im Ermessenspielraum des Gesetzgebers. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente Frauen und Männer, zeigte sich schockiert über den Bruch mit der eigenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs. Mit seiner Unterstützung wurde nun Beschwerde an den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eingebracht.
RKL-Generalsekretär Walter Dietz und sein Partner Boontawee Suttasom leben in Wien und sind seit über 17 Jahren ein Paar. Manfred Hörmann und Felix Moser sind ebenfalls seit vielen Jahren ein Paar und führen gemeinsam eine Landwirtschaft in Stallhofen in der Steiermark. Beide Paare haben am jeweiligen Standesamt die Zulassung zur Eheschliessung beantragt. Für den Fall, dass ihnen dies verweigert wird, begehrten sie die Schließung der EP am Standesamt.
Dies wurde abgelehnt und der Fall landete beim Verfassungsgerichtshof. Dieser hat die Beschwerden nun zur Gänze abgewiesen (VfGH 09.10.2012, B 121/11, B 137/11).
Sowohl das Eheverbot als auch die Verbannung der gleichgeschlechtlichen Paare vom Standesamt auf die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate), die ansonsten für Gewerbebewilligungen, Führerscheine, Aufenthaltsbewilligungen und ähnlich unromantische Dinge zuständig sind, liege im Ermessensspielraum des Gesetzgebers.
Österreichische Besonderheit
Bezüglich des Eheverbotes zitierte der VfGH neuerlich seine bereits 2003 gegebene Begründung, dass verschiedengeschlechtliche Beziehungen „grundsätzlich auf die Möglichkeit der Elternschaft“ ausgerichtet seien, obwohl sowohl das österreichische Gesetz als auch die katholische Kirche seit jeher Ehen von Frauen nach dem Wechsel, am Sterbebett sowie Josefsehen zugelassen hat, die ganz und gar nicht auf die Möglichkeit der Elternschaft ausgelegt sind.
Die Verbannung der homosexuellen Paare auf eine Sonderbehörde ist eine österreichische und deutsche Besonderheit. So etwas gab es außer in Österreich nur in einigen deutschen Bundesländern, die diese sexuelle Rassentrennung mittlerweile allesamt aufgehoben haben.
Diese Trennung homo- und heterosexueller Paare erfolgte auf Drängen der ÖVP, die der eingetragenen Partnerschaft nur unter dieser Bedingung zustimmen wollte. Besonders aufgefallen war damals der heutige ÖVP-Obmann und Außenminister Spindelegger, der es heterosexuellen Paaren nicht zumuten wollte, dass sie bei Ihrer Heirat mit gleichgeschlechtlichen Paaren konfrontiert werden, die auf die EP-Schließung warten. So wie bei der ethnischen Rassentrennung Weißen nicht zugemutet werden sollte, mit (von der Hautfarbe her) Schwarzen in einem Bus zu sitzen oder eine Gaststätte zu teilen …
VfGH widerspricht eigener Judikatur
Bereits in seinen Namensrechtsentscheidungen (VfGH 22.09.2011, B 518/11, Rz 23; VfGH 03.03.2012, G 131/11, Rz 18) und auch jüngst wieder in seiner Zeremonienentscheidung (VfGH 12.12.2012, B 125/11, B 138/11, Rz 34) erklärte es der Verfassungsgerichtshof zur verbotenen Diskriminierung, wenn der einzige Zweck einer Unterscheidung zwischen homo- und heterosexuellen Paaren in der Abgrenzung der beiden Gruppen besteht; Differenzierungen müssten aus besonders schwerwiegenden Gründen notwendig sein. Nur in seiner Standesamtsentscheidung hat er ganz im Gegenteil genau eine solche himmelschreiende Abgrenzung als Selbstzweck („aus Prinzip“) gerechtfertigt. Nicht nur das Eheverbot sei in Ordnung sondern sogar die Verbannung der homosexuellen Paare vom Standesamt auf eine schmucklose Sonderbehörde.
Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente Frauen und Männer, zeigt sich zutiefst enttäuscht, dass die dreizehn VerfassungsrichterInnen, die HüterInnen der Menschenrechte sein sollten, nicht nur die Trennung in ein heterosexuelles Ghetto (die Zivilehe) einerseits und ein homosexuelles Ghetto (eingetragene Partnerschaft) andererseits als menschenrechtskonform erklärt hat sondern sogar die sexuelle Rassentrennung der Verbannung der gleichgeschlechtlichen Paare von den Standesämtern auf schmucklose Sonderbehörden.
„Wir sind schockiert, dass die Verfassungsrichter diese international einzigartige sexuelle Rassentrennung bestätigt haben“, sagt der Präsident des RKL und Rechtsanwalt der Beschwerdeführer Dr. Helmut Graupner, „Mit der gleichen Begründung des Ermessenspielraums des Gesetzgebers, mit dem sie 1989 das schwer menschenrechtswidrige antihomosexuelle Sonderstrafgesetz § 209 aufrechterhalten haben“. „Wie damals bleibt uns jetzt nur mehr die Hoffnung auf den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof“, schließt Graupner.
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