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Hiv: Freispruch im Wiener Oralsexfall rechtskräftig

2012-12-21|12:44 · von RKLambda

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Landesgericht für Strafsachen Wien

Hiv: Freispruch im Wiener Oralsexfall rechtskräftig

Rechtskomitee LAMBDA (RKL) ruft die Justizministerin auf, solche Anklagen künftig zu verhindern

Die Staatsanwaltschaft beruft nicht gegen den Freispruch jenes Hiv-positiven Mannes, der letzten Montag vor dem Strafrichter stehen musste, weil er die von der Republik und den staatlich finanzierten Aids-Hilfen propagierten Safer Sex Regeln eingehalten hat. Die Anklage lautete auf „Oralverkehr ohne Ejakulation“ (!), exakt das, was seit Jahrzehnten als Safer Sex propagiert wird. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente Frauen und Männer, ruft die Justizministerin auf, gerade im Interesse der Volksgesundheit dafür zu sorgen, dass solche Anklagen künftig nicht mehr erfolgen.

Die Anklage gründete auf § 178 Strafgesetzbuch („Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“), nach dem durch zwei Jahrzehnte hindurch sogar Personen (zumeist Frauen) verurteilt worden sind, die Geschlechtsverkehr mit Kondom hatten.

1997 hat der Oberste Gerichtshof dann endlich klargestellt, dass Geschlechtsverkehr mit Kondom den Safer Sex Regeln entspricht und nicht strafbar ist (OGH 25.11.1997, 11 Os 171/97). Und 2003 bedurfte es eines mehrjährigen Wiederaufnahmeverfahrens bis das Oberlandesgericht Graz die Verurteilung eines Mannes für Oralsex ohne Ejakulation aufgehoben hat (Kärntner Oralsexfall: www.rklambda.at/news_safersex.htm). Bereits damals hatte Gesundheitsminister Herbert Haupt festgehalten, „dass die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung HIV-positiver Menschen für sexuelle Kontakte mit HIV-negativen Menschen trotz Befolgung der Verhaltensempfehlungen der Gesundheitsbehörden und der Aids-Hilfen dem Anliegen einer effektiven HIV- und Aids-Prävention zuwiderlaufen“ (2313/AB XXI.GP, www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXI/AB/AB_02313/)



Gefährdung wirksamer Hiv-Prävention

Österreich rangiert weltweit unter den „Top Ten“ bezüglich Verurteilungsraten hiv-positiver Menschen www.gnpplus.net/criminalisation/node/1262). Deutschland kennt keinen entsprechenden Tatbestand und die Schweiz hat jüngst ihren (ohnehin nie so weitgehend gewesenen) Tatbestand auf Ansteckung in böser Absicht eingeschränkt (BBI 2012 8157), und zwar auf Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Aids-Fragen (heute: Eidgenössische Kommission für sexuelle Gesundheit) www.bag.admin.ch/hiv_aids/05464/12494/12821/, Download in der Leiste rechts). UNAIDS und die EU-Grundrechteagentur verlangen, nicht zuletzt im Interesse einer wirksamen Hiv-Prävention, seit Jahren die Beendigung derartiger Kriminalisierung von Menschen mit Hiv und die Beschränkung und Konzentration des Strafrechts auf absichtliche Ansteckung www.unaids.org.fj/index.php?option=com_content&view=article&id=162:unaidsundp-policy-brief-criminalization-of-hiv-transmission-&catid=25:technical-documents&Itemid=74; fra.europa.eu/en/publication/2010/rights-based-approach-hiv-european-union, www.hivjustice.net/oslo/oslo-declaration/).

Dementsprechend hat die Justizministerin 2010 anläßlich des Welt-Aids-Kongresses in Wien versichert, dass das österreichische Strafgesetz sexuelle Handlungen im Einklang mit den Safer Sex Regeln nicht kriminalisiert und erklärte ausdrücklich, dass die Staatsanwaltschaften dementsprechend informiert seien (4941/AB, 2. Juni 2010, www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_04941/).


Doppeltes Spiel der Justiz(ministerin)?

Dennoch wurde im Frühjahr dieses Jahres am Landesgericht Feldkirch ein 17jähriger Jugendlicher wegen Oralverkehrs (ohne Vorwurf der Ejakulation) verurteilt, wobei sich der Richter sogar zur Behauptung verstieg, dass sogar die Verwendung eines Kondoms beim Oralverkehr nichts an der Strafbarkeit ändern würde vorarlberg.orf.at/news/stories/2523707/). Und nun wurde in Wien ein Mann ausdrücklich wegen Oralverkehr ohne (!) Ejakulation angeklagt, eine Praktik die von den Gesundheitsbehörden und den staatlich finanzierten Aids-Hilfen als Safer Sex ausdrücklich propagiert wird www.aids.at/alles-uber-hivaids/wie-kann-ich-mich-schutzen/; www.aidshilfen.at/sie-haben-fragen-wir-haben-antworten; www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/Safer_Sex.html). Auch in Graz erfolgte eine ähnlich Anklage (www.RKL ambda.at).


Trotz Freispruch geschädigt

Sowohl im Grazer als auch im Wiener Fall wurden die Angeklagten freigesprochen. Im Wiener Oralsexfall hielt die Richterin ausdrücklich fest, dass sich der Angeklagte völlig richtig verhalten hatte kurier.at/chronik/wien/hiv-ambulanz-im-wiener-akh-leidet-unter-personalmangel/1.926.101#section-1926299
derstandard.at/1355459879510/Safer-Sex-Regeln-eingehalten-Freispruch-fuer-HIV-Positiven-in-Wien). Nicht immer finden sich freilich so grundvernünftige RichterInnen und trotz des Freispruchs bleiben die Angeklagten durch das Trauma einer kriminalstrafgerichtlichen Anklage und Verhandlung sowie durch die Prozesskosten geschädigt.

„Wir rufen die Justizministerin auf, dringend die Zusicherungen aus 2010 wahr zu machen und dafür sorgen, dass keine solche Anklagen mehr erfolgen“, sagt der Präsident des RKL und Verteidiger des Freigesprochenen Dr. Helmut Graupner, „UNAIDS warnt seit Jahren, dass derartige Kriminalisierung Hiv-positiver Menschen eine effektive Hiv-Prävention und damit die Volksgesundheit gefährdet“.

www.RKL ambda.at

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