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Kommentar: Gery Keszler und das verletzte Ego

2020-03-07|16:29 · von Rene K.

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(c) APA/Herbert Pfarrhofer

Ein neuer Tag, eine neue Nachricht über Gery Keszler. Nach seinem Auftritt bei der Wiener ÖVP, seinem inzwischen berüchtigten Social Media Post über das Hinterteil eines Politikers und das "verschlagene" Gesicht eines anderen (inkl. Entschuldigung für eben dieses Posting), meldete sich Keszler nun in einem Interview mit Wien heute erneut zu Wort.

 

In diesem sprach er von Fehlern der letzten Tage, er habe sich " hinreißen lassen, die nicht konstruktiv sind. Aber es ist Wehmut da. Aber es ist auch der Wille und der Ehrgeiz da, etwas Neues auszuprobieren und sich mit vielen neuen Leuten zusammenzusetzen. Natürlich ist auch Gernot Blümel dabei, aber das ist einer von vielen“. Einen Hieb auf die Wiener SPÖ konnte er sich auch dieses Mal wieder nicht verkneifen.

 

"„Man hat mir nicht verziehen, dass Gernot Blümel am 2018er Life Ball am Rathausplatz auf der Bühne stand. Das weiß jeder und seitdem ging es bergab mit der Harmonie. Ich war gezwungen aufzuhören. Ich möchte, dass es jeder hört. Es ist keine Willkür von mir gewesen. Ich bedauere es extrem. Es könnte wunderbar heuer im Juni ein Life Ball stattfinden, wenn man vernünftiger und vor allem unpolitischer gesprochen hätte.“

 

Egal wie man die Situation sieht, kann man wohl eindeutig festhalten, dass die Kommunikation zwischen Keszler und der Stadt Wien völlig zusammengebrochen ist. Wo das Problem liegt ist allerdings weniger eindeutig. Fakt ist, dass die Stadt Wien den Life Ball bis zum Schluss mit rund 800.000 EUR und der Gratis-Verfügung des Rathauses unterstützt hat. Fakt ist auch, dass der Ball von einem Verein organisiert wurde, die Stadt Wien war also nie für die Finanzierung, das Sponsoring oder sonstige organisatorische Aufgaben zuständig war.

 

Keszler fühlt sich offensichtlich schlecht behandelt und im Stich gelassen, aber das Argument, dass der Auftritt eines ÖVP Politikers für das Aus der Unterstützung verantwortlich ist, ist schlichtweg lächerlich. Allein der Werbewert der Veranstaltung für die Stadt war höher als innenpolitische Kleinkriege. Ich finde es auch eigenartig, dass eine Veranstaltung dieser Größe und Popularität nur einen Hauptsponsor hat. Sponsoren können immer schwierig sein, aber ich bin lange genug unterwegs um mich zu erinnern, als der Life Ball noch eine Vielzahl an Sponsoren hatten. Und das zu Zeiten, als der Life Ball im ORF kaum in den Nachrichten erwähnt wurde, geschweige denn live ausgestrahlt wurde.

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2020-03-07|16:31 · von Rene K.

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(c) Denise Auer

Die Frage ist also: Was ist hier passiert? Es gibt unbestätigte Gerüchte innerhalb der Szene, die von einem schwierigen Gery Keszler erzählen, einem der nach und nach Sponsoren vergrault hat. Und Gerüchte sagen natürlich nichts, werden ausgeschmückt, weitererzählt, und verändern jedes Mal ihre Form oder Intensität. Aber das der Life Ball am Ende ohne nennenswerte Sponsoren dasteht und sich keine neuen finden lassen, lässt die Deutung zu, dass zumindest ein Kern der Gerüchte der Wahrheit entsprechen.

 

Was einem auffällt bei den Wortmeldungen der letzten Tage, ist, dass Keszler keinerlei Verantwortung für das Ende der Veranstaltung übernimmt. Die Stadt Wien ist verantwortlich, die Sponsoren, die Kosten. Für den Veranstalter, der sich immerhin 25 für den Ball verantwortlich gezeichnet hat, schon erstaunlich. Und ich möchte auch die Stadt Wien und Ludwig im speziellen nicht aus der Verantwortung nehmen. Hätte die Stadtregierung wirklich gewollt, hätte der Ball sicher gerettet werden können. Aber es scheint, als ob Ludwig lieber einen Schlussstrich unter eine unproduktive Situation ziehen wollte. Kein weiterer Kommentar.

 

All das soll die Wirkung des Balls und der jahrelangen harten Arbeit von Keszler nicht schmälern. Was er mit seinem Ball für Menschen mit HIV/AIDS getan hat, verdient Applaus und Respekt. Seine Arbeit hat das Leben vieler Menschen auf der Welt verbessert und gerettet.

 

Und insofern ist seine Kränkung über das Ende, und wie es sich gestaltet hat, verständlich. Aber er scheint, wie viele Menschen die aus einer Position von Macht gefallen sind, keinerlei Selbstreflexion zu besitzen. Auch nur so ist sein Auftritt bei der ÖVP, seiner Rechtfertigung desselben und den Angriffen gegenüber Ludwig zu verstehen. Es ist schlichtweg unaufrichtig, seinen Auftritt bei einem Parteitag, egal welcher Partei, als unpolitisch zu bezeichnen. Ein solcher Auftritt ist per definiton politisch. Und das bei einer Partei, die, wenn sie nicht Gesetzte gegen den Schutz von LGBTQ+-Rechten bekämpft, zumindest versucht diese zu beschneiden. Das nicht als Instrumentalisierung der Wiener ÖVP im kommenden Wahlkampf in Wien zu sehen erfordert schon einiges an Gehirnakrobatik. 

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2020-03-07|16:30 · von Rene K.

Keszler ist schon zuzutrauen, dass er klug genug ist, dies zu sehen und zu wissen. Seine Motivation ist vermutlich eine persönliche, aber sie ist auch sehr engstirnig. Mit einem öffentlichen Auftritt (und implizierter Unterstützung) fällt er der Community, der er jahrelang geholfen hat, aus persönlicher Kränkung in den Rücken.

 

Wir werden, trotz Gerüchte, vermutlich nie genau wissen, was genau zu dem Ende des Life Balls geführt hat. Und wer wie Anteil daran hatte. Wie immer wird die Wahrheit in der Mitte liegen, mit Verantwortung bei allen Beteiligten. Keszler täte gut daran, seinen eigenen Anteil daran anzuerkennen, das Kapitel abzuschließen und sich neuen Aufgaben zu widmen. Der Wunsch, weiterhin Sozialprojekte zu organisieren und führen ist bei ihm da. Das Talent dazu hat er zweifellos. Der Bedarf da. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche Zusammenarbeit, egal mit welcher Partei, dauerhaft ohne Selbstreflexion funktionieren kann. Keszler trug die Verantwortung für den Ball. Es wird Zeit, dass er zu dieser Verantwortung steht.

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